Staatssekretär Alexander Pröll

"Die ID Austria fungiert als digitaler Generalschlüssel für Verwaltung, Wirtschaft und Alltag"

17. Juli 2025

Im Interview spricht Alexander Pröll, Staatssekretär für Digitalisierung im Bundeskanzleramt, über zentrale Projekte wie die ID Austria, den Ausbau digitaler Ausweise, den Einsatz von KI und Open Source sowie die Vision eines modernen, bürgernahen Staates.

Welchen Stellenwert hat Digitalisierung im aktuellen Regierungsprogramm?

Die Digitalisierung zählt zu den zentralen Herausforderungen unserer Zeit und verändert Verwaltung, Alltag und Wirtschaft grundlegend. Österreich verfolgt seit Jahren eine klare Strategie, um diesen Wandel aktiv zu gestalten. Mit dem Digital Austria Act schaffen wir mit 117 Maßnahmen und 36 Grundsätzen ein solides Fundament für die digitale Zukunft.

Erst kürzlich wurde die ID Austria einem umfangreichen Relaunch unterzogen. Welche Vorteile haben Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen von dieser Umstellung?

Österreich zählt zu den Vorreitern bei der Umsetzung EU-konformer digitaler Ausweise. Die ID Austria – als Weiterentwicklung der erfolgreichen Handy-Signatur – ist international anerkannt. Mit dem aktuellen Relaunch reagieren wir auf Feedback der User und haben sowohl die App als auch die Plattform oesterreich.gv.at vereinfacht. Im Fokus stehen die Kernfunktionen der digitalen Identität: sicheres Anmelden und qualifiziertes Signieren. Die neue App ist Teil einer langfristigen Strategie, Online-Services
kontinuierlich zu verbessern, Vertrauen zu stärken und Österreich als führenden digitalen Staat Europas zu positionieren. Die ID Austria ist ein zentrales Element der digitalen Verwaltung und soll bis 2030 allen Bürgerinnen und Bürgern in Österreich zur Verfügung stehen. Sie fungiert als digitaler Generalschlüssel für Verwaltung, Wirtschaft und Alltag.

Mit den elektronischen Ausweisen ist Österreich Vorreiter in Europa. Wie sehen die weiteren Ausbaupläne der E-Ausweise aus?

Im Sommersemester 2026 ist geplant, den digitalen Studierendenausweis zu präsentieren – basierend auf der ID Austria. Parallel dazu liegt der Fokus auf der Umsetzung des EU-weiten Wallets sowie der gezielten Öffnung der ID Austria-Infrastruktur für die Wirtschaft. Damit schaffen wir eine vertrauenswürdige, zukunftsorientierte Basis für digitale Innovationen und stärken die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen nachhaltig.

Vor welchen Herausforderungen steht die öffentliche Verwaltung, bei denen Digitalisierung hilfreich eingesetzt werden kann?

Die Digitalisierung soll Bürgerinnen und Bürger entlasten, den Zugang zur Verwaltung erleichtern und gleichzeitig die Effizienz staatlicher Abläufe steigern – etwa im Hinblick auf die bevorstehende Pensionierungswelle. Zwei zentrale Schwerpunkte
sind dabei die Nutzung künstlicher Intelligenz und die Stärkung digitaler Souveränität. 

Wie kann Österreich seine digitale Souveränität stärken?

Wir verfolgen das Ziel, technologische Abhängigkeiten – insbesondere bei Schlüsseltechnologien wie KI und Cloud – zu verringern. Daher setzen wir auf offene Standards, Open Source und europäische Lösungen. In der Verwaltung werden zunehmend eigene KI-Modelle entwickelt, etwa ein verwaltungsspezifisches Sprachmodell und transparente KI-Anwendungen. Ziel ist es, langfristig sichere, rechtskonforme Alternativen zu globalen Hyperscalern zu schaffen. Eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe erarbeitet derzeit Bewertungsinstrumente für faktenbasierte Entscheidungen und priorisiert Open Source-Lösungen dort, wo sie sicher, wirtschaftlich und interoperabel einsetzbar sind. 

Welche Schritte setzt Österreich bei der Implementierung von Open Source Software?

Der aktuelle "Open Source Country Intelligence Report" der EU bestätigt, dass Österreich bereits vielversprechende Maßnahmen in diesem Bereich umgesetzt hat. Ein vollständiger Umstieg auf Open Source-Plattformen wird jedoch derzeit als ressourcen- und kostenintensiv eingeschätzt. Eine ressortübergreifende CDO-Arbeitsgruppe erarbeitet daher ein Kommunikationskonzept, um den
Austausch mit den Ländern zu stärken, bestehende Anwendungen zu evaluieren und Synergien bei Beschaffung und Betrieb gezielt zu nutzen. 

Welchen Fokus setzt Österreichs Bundesregierung beim Thema KI?

Künstliche Intelligenz soll den Menschen nicht ersetzen und keine Entscheidungen übernehmen – insbesondere nicht in der Verwaltung. Ihr Potenzial liegt vielmehr in der Optimierung von Prozessen, der intelligenten Auswertung großer Datenmengen und der Automatisierung von Prüfroutinen. Der Mensch bleibt dabei stets "in the loop" und trägt die Verantwortung. Mit der KI-Landkarte der Verwaltung entsteht eine zentrale Plattform, die alle KI-Projekte transparent abbildet und als Steuerungs- sowie Austauschinstrument dient.

Das Unternehmensserviceportal feiert dieses Jahr den 15. Geburtstag, über 120 Behördenwege können bereits heute online abgewickelt werden. Wie wird es damit weitergehen?

Das Unternehmensserviceportal ist seit 15 Jahren eine zentrale Schnittstelle zwischen Verwaltung und Wirtschaft und ein Schlüsselprojekt unserer Digitalisierungsstrategie. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 2.900 Unternehmensgründungen digital über die eGründung abgewickelt. Das USP gilt auch auf EU-Ebene als Vorzeigemodell für Nutzer:innen-zentrierte One-Stop-Shop-Portale und setzt Maßstäbe in Interoperabilität und Effizienz. Diese Rolle wollen wir weiter ausbauen – künftig auch durch den gezielten Einsatz von KI-Technologien.

Laut Studien sind bereits rund 90 Prozent aller Behördengänge online zu erledigen. Was braucht es, um auf 100 Prozent zu kommen?

Künftig wird jedes Ressort gemeinsam mit mir ein Leuchtturmprojekt im Bereich Digitalisierung oder KI definieren. Um den digitalen Wandel weiter voranzutreiben, braucht es eine enge Zusammenarbeit über alle Verwaltungsebenen hinweg – mit den Bundesländern, Ressorts und relevanten Stakeholdern. Der Digital Austria Act gibt dabei die strategische Richtung vor. Gleichzeitig
bleibt die Wahlfreiheit gewahrt: Amtswege werden auch weiterhin analog möglich sein.

Wie stellen Sie sicher, dass bei all den technologischen Entwicklungen auch der Mensch im Mittelpunkt bleibt?

Technologie ist kein Selbstzweck – sie muss den Menschen dienen. Deshalb legen wir großen Wert auf Usability, Datenschutz und Wahlfreiheit. Digitale Angebote sollen den Alltag erleichtern, nicht verkomplizieren. Gleichzeitig investieren wir in digitale Bildung und Aufklärung, um alle Menschen – unabhängig von Alter oder Herkunft – auf diesem Weg mitzunehmen.

Screenshot der Startseite oesterreich.gv.at auf verschiedenen Endgeräten

oesterreich.gv.at

Die zentrale Plattform für digitale Amtswege und Verwaltungsinformationen.

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Links und rechts im Bild ist jeweils eine Reihe von Servern zu sehen

Register- und Systemverbund (dadeX)

Der Register- und Systemverbund – auch Digital Austria Data Exchange oder kurz dadeX genannt – ist eine zentrale, hochverfügbare Plattform, die als Datendrehscheibe fungiert.

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