Ein Ausschnitt der Erdkugel auf dem der europäische Kontinent ersichtlich ist. Gelbe Linien gebogene Linien verbinden unterschiedliche Orte miteinander.

Daten für die Krise

Die Coronakrise war der Anstoß zum ressortübergreifenden Projekt „Wirtschaftliche Krisenvorsorge“, das vom BRZ mittels agilem Vorgehensmodell umgesetzt wird.

Krisenvorsorge

Wir alle erinnern uns sehr gut daran. Durch die Pandemie geriet die weltweite Güterproduktion gehörig ins Stocken. Zuvor nicht explizit wahrgenommene Abhängigkeiten in Lieferketten, die heutzutage vor nationalen Grenzen keinen Halt machen, wurden plötzlich und teilweise auch sehr schmerzhaft ersichtlich. So wurde die Coronakrise zum Auslöser des Projekts „Wirtschaftliche Krisenvorsorge“. „Ziel dieses Vorhabens ist es, Kennzahlen zentral zu erheben und diese in einfacher Form grafisch mittels Dashboards darzustellen. Dabei wird auf die Reporting-Plattform des Bundes zurückgegriffen“, so Ing. Mag. Michael Stern, Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft, über die Anforderungen. Geplant war, für Krisenfälle ein Kennzahlensystem zur Messung und Steuerung der Leistungsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft aufzubauen. Natürlich sollte dieses auch im Vor- und Nachkrisenfall verwendet werden können. „Doch bereits im zweiten Monat der Projektlaufzeit spitzte sich die Ukraine-Krise zu und der Projektfokus musste auf die schnelle und unbürokratische Bereitstellung von kritischen Informationen verschoben werden“, so Stern.

Entscheidungsgrundlagen für Krisenstab

Eine große Herausforderung im Projekt stellen die sich rasch ändernden Anforderungen dar. Die zuständige Fachabteilung ist direkt im Krisenstab integriert. „Diese Stellen sind darauf ausgerichtet, stets mit ungeplanten Geschehnissen konfrontiert zu werden. Daher ist es dort üblich, dass innerhalb nur einer Sitzung neues Zahlenmaterial nötig wird“, erklärt Stern. „Dieses wird meist manuell beschafft. Das ist aber zur dauerhaften Überwachung eines Themas ungeeignet. Erschwerend kommt hinzu, dass immer wieder neue Themen entstehen, wodurch die bisherigen rasch in einen automatisierten Betrieb übergeführt werden müssen.“ Dabei müssen aber zunächst Datenquellen gefunden, analysiert und dann auch technisch angebunden werden. Zusätzlich muss die Visualisierung und dann auch Regeln für automatisierte Warnungen gefunden werden, noch bevor die Produktivsetzung erfol­gen kann. „Noch während der Konzeption der ersten Dashboards aus dem Lebensmittelbereich war plötzlich die Abhängigkeit von Gas und anderen Energieträgern wichtiger als der ursprüngliche Projektauftrag“, erzählt Mag. (FH) Hans-Peter Höllwerth, Product Manager im BRZ. „Unsere erste Version des Dashboards enthielt daher fast ausschließlich Energiedaten wie Gasfluss, Gasspeicher oder Gaspreise.“ Ausgelöst durch die Teuerungswelle im Energiesektor, kamen schon bald weitere Energieträger wie Kohle, Öl und Strom dazu. Im Sommer letzten Jahres gab es im Bereich der Holzpreise große Steigerungen. Auch das war in den Krisenstäben Thema. Innerhalb von nur drei Wochen gelang dem BRZ und seinen Partnern dank agilen Vorgehens eine Darstellung zumindest des internationalen Holzpreises aus den derzeit verfügbaren Datenquellen.

Es ist essenziell, dass nach den ersten manuellen Datenzusammenstellungen eine rasche Automatisierung erfolgt. Bestenfalls kommen die Zahlen schon im nächsten Monat automatisiert auf das ­jeweilige Dashboard und die Mitarbeiter:innen des Krisenstabs können sich neuen Aufgaben widmen.

Ing. Mag. Michael Stern, Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft

Agilität als Erfolgsfaktor

Bei unserer Lösung „Wirtschaftliche Krisenvorsorge“ zeigt das agile Software-Entwicklungsangebot des BRZ seine Stärke. Die Umsetzung dieses Projekts ist immer zeitkritisch, weil sich die Anforderungen, wie wir gesehen haben, oft über Nacht ändern können. Anstoß für die Idee gab die Corona-Pandemie, der Ukraine-Konflikt hat dann aber inhaltlich zahlreiche Änderungen bedingt, dennoch wurden Ergebnisse umgehend erwartet. Während gewünschte Datenquellen analysiert und Visualisierungen getestet werden, kann es sein, dass das innerhalb eines Sprints verworfen wird, weil plötzlich schon wieder ein anderes Thema viel ­wichtiger ist. Nur das agile Vorgehensmodell, wie es hier zum Einsatz kommt, kann solche Bedürfnisse abdecken. Hier sind die Herausforderungen gänzlich andere als in klassischen Software-Entwicklungsprojekten. Und unser Auftraggeber weiß, dass es einen Umsetzungspartner wie das BRZ braucht, der das agile Vorgehensmodell wirklich versteht und lebt. Da beim Projekt „Wirtschaftliche Krisenvorsorge“ vor allem time-to-market ein Thema ist – die Zeit der Entwicklung zum praktischen Einsatz ist aufgrund der sich oft sehr dynamisch ändernden Anforderungen sehr kurz –, könnten Dokumentation und Produktqualität leiden.

Essenzielle Puzzle-Stücke 

Aber hier können wir unsere Stärken im Bereich der Qualitätssicherung gekonnt ausspielen. Eine erfahrene Test-Crew und das Qualitätsmanagement sind stark aktiv eingebunden, um die vom Kunden erwarteten hohen Standards halten zu können. Nicht nur Auftraggeber und Product Owner nutzen die Dashboards. Ressortübergreifend haben mehrere Ministerbüros und auch Fachbereiche direkt Zugriff auf die Plattform. Diese erwarten sich, dass der Betrieb reibungslos läuft und die dargestellten Inhalte korrekt sind. Die Anforderungen an die Projektleitung im BRZ sind hoch, da die Erwartungshaltungen in Bezug auf Geschwindigkeit, Qualitätsanspruch, Vorgehensmodelle und Betriebsstabilität sich gegenseitig widersprechen. Außerdem arbeiten neben dem BRZ sieben externe Firmen in einem hoch performanten Modus zusammen. Eine Konstellation, die man so in ganz wenigen Projekten findet. Alle Rollen müssen aktiv angelegt und auch so gelebt werden. Aber das ist nur ein Puzzle-Teil des Erfolgsrezepts. Wichtig sind auch regelmäßige Feedback-Schleifen mit Auftraggeber und Product Owner. Die vorwiegend virtuelle Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, der direkte Kontakt sollte jedoch nicht vernachlässigt werden. Daher trifft sich das gesamte Projektteam einmal pro Quartal, um einerseits die ­Vision für das Projekt zu schärfen und andererseits die soziale Komponente nicht zu vernachlässigen.  

Der Artikel ist in read_it Ausgabe 01/23 erschienen.

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