Ein Mann mit einer Gestik, als wolle er etwas erklären.

„Synergien nutzen, wo es möglich und sinnvoll ist“

03. Oktober 2022

Staatssekretär Florian Tursky im Interview über die Zukunft der Verwaltungs-IT, die Bedeutung der IT-Konsolidierung im Bund und das Greifbarmachen der Digitalisierung für alle.

Sie haben sich als Querschnitts-Staatssekretär bezeichnet. Was verstehen Sie darunter?

Die Digitalisierung betrifft nicht nur einen Lebensbereich oder eine spezielle Gruppe von Menschen, sondern uns alle in den verschiedensten Lebensbereichen, egal ob beruflich oder privat. Die Digitalisierung spielt unter anderem im Bildungsbereich eine wesentliche Rolle, wo wir im Herbst das neue Schulfach „Digitale Grundbildung“ einführen, in dem Schülerinnen und Schüler bereits frühzeitig lernen, wie man sich in der digitalen Welt richtig bewegt. Mir ist es dabei wichtig, Digitalisierung für alle greifbar zu machen, egal ob jung oder alt.

Das Thema Digitalisierung ist vielfältig. Wo wollen Sie Schwerpunkte setzen?

Mein Grundsatz ist es, die Verwaltung durch Digitalisierung und E-Government zu vereinfachen. Mir ist hierbei wichtig, die Menschen zu begeistern und mitzunehmen und die Verwaltung dorthin zu bringen, wo die Menschen sind. Es gibt bereits einige digitale Behördengänge wie FinanzOnline oder das Unternehmensserviceportal – mein Anspruch ist es, bis 2024 fast alle Behördengänge auch digital anzubieten. Darüber hinaus ist es mein Ziel, alle Ausweise, die man im Geldbörsel oder in der Tasche mit sich trägt, in Zukunft auch digital in einer App und somit immer und überall verfügbar zu haben.

Welche Innovationsthemen treiben die digitale Transformation der Verwaltung? Was sind aktuelle Needs?

Als eines der größten Innovationsthemen in der Verwaltung sehe ich zum einen ein ganzheitliches Datenmanagement. Heutzutage werden immer mehr Daten produziert, nun gilt es, diese auch zu nutzen. In Zukunft werden sicher auch die künstliche Intelligenz und Machine Learning eine große Rolle spielen.

Sie wollen den Bürgerinnen und Bürgern mit bürgernahen Anwendungen die Scheu vor der Digitalisierung nehmen. Welche haben Sie da besonders im Fokus?

Schon vor der Pandemie haben wir gesehen, dass sich große Teile des alltäglichen Lebens in das Internet verlagert haben, was uns besonders in den letzten beiden Jahren sehr geholfen hat. Home-Office, Home-Schooling, Lebensmitteleinkäufe, Online-Meetings sind keine Seltenheit mehr in unserem alltäglichen Leben. Auch die Verwaltung wird immer digitaler. Mir ist es in meiner Aufgabe als Staatssekretär für Digitalisierung und Telekommunikation wichtig, Digitalisierung für jeden greifbar zu machen, denn die beste technologische Neuerung ist wertlos, wenn sie von der Bevölkerung nicht angenommen wird. Stellen Sie sich vor, Sie haben den Führerschein und den Zulassungsschein auf dem Smartphone. Bei einer Verkehrskontrolle hat man dann immer alles sofort ohne lästiges Suchen und Kramen bei der Hand. Sie sparen sich vor allem Zeit, Aufwand und Nerven.

Sie waren Teil eines Start-ups. Welche
Learnings helfen Ihnen nun, Ihre aktuelle Aufgabe besser zu erfüllen?

Als CEO eines Start-ups konnte ich das Verständnis für technische Komponenten und notwendige Zeitabläufe bei Programmierungen erwerben. Zum einen habe ich mir sehr viel technisches Know-how aneignen können, um rasch fundierte Entscheidungen treffen zu können, andererseits habe ich das Verständnis erlangt, dass es trotz guter Vorbereitung und guter Entscheidungen gerade bei komplexen IT-Projekten auch zu Verzögerungen kommen kann.

Wie sehen Sie die IT-Konsolidierung im Bund? Was sind etwaige Hürden und wie kann man diese nehmen?

Die größten Hürden der IT-Konsolidierung sind wohl die verschiedensten Interessen der jeweiligen Stakeholder, besonders im Bereich der Fachanwendungen. Deshalb ist es gerade in solchen Fällen wichtig, auch hier ein Miteinander zu finden, um Ressourcen zu schonen und Synergien zu nutzen, wo es möglich und sinnvoll ist.

Die Etablierung des BRZ als Kompetenzzentrum für Digitalisierung in der Bundesverwaltung
ist im Regierungsprogramm vermerkt. Was ist Ihre Erwartung an ein Kompetenzzentrum?

Meine Erwartung an das BRZ als Kompetenzzentrum für Digitalisierung in der Bundesverwaltung ist es, die IT-Fachkenntnisse in der gesamten Bundesverwaltung auszubauen, Synergien zwischen den Ministerien zu nutzen und so zum einen die Sicherheit zu erhöhen, zum anderen aber auch Ressourcen zu sparen. Durch ein Kompetenzzentrum, auf das die gesamte Bundesverwaltung zugreifen kann, wird die Effizienz gesteigert. Ich möchte ein einfaches Beispiel nennen:

Stellen Sie sich eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter in einem Ministerium vor, deren bzw. dessen Laptop plötzlich nicht mehr funktioniert. Hat jedes Ministerium eine eigene IT-Abteilung und somit unterschiedliche Standard-Geräte, so muss sich dieses Ministerium auch um die Reparatur oder den Tausch des Geräts für die entsprechende Mitarbeiterin bzw. den Mitarbeiter kümmern. Doch genau solche Vorfälle passieren in anderen Ministerien auch und hier kann das BRZ ansetzen und mit standardisierten Prozessen diese Abläufe effizienter gestalten.

Ich sehe das BRZ als Kompetenzzentrum für Digitalisierung in der Bundesverwaltung als gelebte Best Practice in der Bundesverwaltung und damit als ersten Schritt in Richtung IT-Konsolidierung.

Das BRZ feiert heuer 25 Jahre. Ihre Vision für Verwaltungs-IT für 2047?

Meine Vision für die Verwaltungs-IT für die nächsten 25 Jahre ist das Zusammenrücken aller IT-Systeme des Bundes. Hierbei werden Synergien genutzt und Ressourcen gespart, die dann wieder für Innovationen und Neuentwicklungen frei sind. Daher sehe ich das BRZ im Jahr 2047 mit noch stärkerem Fokus auf Innovation und Neuentwicklung, beispielsweise durch Nutzung von KI und Machine Learning.

„Mein Anspruch ist es, bis 2024 fast alle Behördengänge auch digital anzubieten.“

 

Das Interview ist in read_IT Ausgabe 02/22 erschienen.

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