Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Nischenthema mehr. Sie prägt den öffentlichen Diskurs, wird in immer mehr Alltagssituationen spürbar und stellt die Verwaltung vor zentrale Fragen: Handelt es sich um eine echte Revolution, die durch KI in der öffentlichen Verwaltung angestoßen wird – oder nur um eine Illusion, die mehr Erwartungen als greifbare Wirklichkeit erzeugt?
Revolution vs. Illusion
Eine „Revolution“ beschreibt einen radikalen Wandel bestehender Verhältnisse, der als Fortschritt wahrgenommen wird – in Wissenschaft, Technik oder Gesellschaft. Auf die Verwaltung übertragen bedeutet das: Prozesse werden nicht nur effizienter, sondern grundlegend neu gedacht, Entscheidungen datenbasiert getroffen und Routinetätigkeiten automatisiert. Im Gegensatz dazu bezeichnet „Illusion“ die Diskrepanz zwischen medial erzeugtem Bild technologischer Möglichkeiten und ihrer tatsächlichen Wirksamkeit.
Gerade bei KI erleben wir diese Spannung: visionäre Szenarien treffen auf Herausforderungen unterschiedlichen Bereichen der Umsetzung wie Datenqualität, Ethik, (technischen) Ressourcen, Kompetenz oder rechtlichen Rahmenbedingungen. Genau hier liegt die Herausforderung für die Verwaltung.
Handlungsdruck in der Verwaltung
Künstliche Intelligenz bietet enormes Potenzial, unsere Verwaltung intelligenter, effizienter und näher an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger auszurichten.
Wenn wir KI strategisch und verantwortungsvoll einsetzen, können wir Prozesse automatisieren, wertvolle Daten besser nutzen und Services intuitiver sowie zugänglicher gestalten.
KI ist kein Selbstzweck – aber sie kann ein Schlüssel zur Modernisierung der Verwaltung sein.
Vision & Kommunikation als Erfolgsfaktor
Eine klare Vision ist der Ausgangspunkt jeder Transformation. Sie gibt Orientierung, schafft Vertrauen und mobilisiert Mitarbeitende. Der „KI-Drive“ der Organisationen findet sich direkt in deren Mitte: bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Um Innovationen zu fördern, sollten Führungskräfte Räume eröffnen und gleichzeitig Möglichkeiten zur Weiterentwicklung schaffen, indem sie Ideen aus allen Organisationsebenen aufgreifen.
Erfolge sichtbar machen und Wandel verankern – ein kontinuierlicher Lernprozess
Transformation geschieht nicht von heute auf morgen. Kleine Schritte, erste Pilotprojekte und sichtbare Erfolge sind entscheidend, um Motivation zu erhalten und Vertrauen aufzubauen. Sie zeigen uns, was funktioniert, wo noch Hürden bestehen und wie Technologie sinnvoll in bestehende Strukturen integriert werden kann. Diese ersten Projekte – oft klein, mutig und experimentell – sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer breiten und nachhaltigen Transformation, jedoch keinesfalls als abschließend zu sehen.
KI-Einführung ist ein kontinuierlicher Lernprozess: Kompetenzen wachsen, Erfahrungen fließen in die Praxis zurück, und Erfolge werden sichtbar gemacht. Und dieser Lernprozess funktioniert nur, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur mitgenommen, sondern aktiv eingebunden werden – von Beginn an. Deshalb braucht es: Kulturelle Offenheit, transparente Kommunikation, systematischen Kompetenzaufbau, und eine klare Führung, die Experimente zulässt und Ängste ernst nimmt. Erst wenn Organisationen Strukturen schaffen und Ergebnisse aus den Erst-Versuchen konsequent verankern, wird die Disruption spürbar werden und die Revolution zur Realität – echte Veränderung, die bestehende Abläufe nachhaltig optimiert und neu ausrichtet.
Strategie und Reifegradentwicklung
Eine nachhaltige KI-Strategie schafft den Rahmen für verantwortungsvollen Einsatz. Leitplanken geben Orientierung, strategische Navigation hilft Chancen und Risiken abzuwägen, und klare Verantwortlichkeiten stellen sicher, dass Verwaltung und Gesellschaft profitieren. Der Reifegrad einer Organisation entwickelt sich schrittweise: von Know-how, Kultur und Change-Management über sichere Prozesse und Datenstrategien bis hin zur vollständigen Integration von KI in alle Bereiche einer Organisation.
Von der Illusion zur Revolution
KI allein verändert nichts. Transformation gelingt nur mit den Menschen im Zentrum. Erst der Mensch, seine Entscheidungen und seine Haltung machen den Unterschied. Mit Mut, Struktur und Menschlichkeit kann die Verwaltung vom reinen Verwalten zum aktiven Gestalten übergehen – mit Mut, Struktur und Menschlichkeit. Dann wird KI nicht zur Illusion, sondern zur Revolution – eine Chance, Verwaltung zukunftsfähig, bürgernah und vertrauenswürdig neu auszurichten.
„KI ist kein Selbstläufer! Es reicht nicht, die Technologie einzukaufen – sie muss verstanden, gestaltet und in bestehende Organisationsstrukturen eingebettet werden. Gleichzeitig muss der Mut aufgebracht werden bestehende Strukturen zu hinterfragen und wenn notwendig diese weiterzuentwickeln.“
Günter Stessl